Ein Sturmtief über der Biskaya bringt uns zu der
Entscheidung, von Plymouth doch über Frankreich nach Süden zu Segeln. Also ab
nach Brest! Warum eigentlich nicht? Baguette und Croissants zum Frühstück
klingt doch ganz gut nach den doch deftigen und fettigen English Breakfasts…
Um fünf Uhr morgens motoren wir los, fahren einen Tag und
eine Nacht, bis wir das Festland von Frankreich sehen. Wir staunen, als wir den
riesigen orange leuchtenden Mond auf unserer Steuerbordseite untergehen sehen
und zischen den Chenal du Four vor der Einfahrt von Brest mit zwei bis drei
Knoten Strom für uns mit Kazunder hinein. Es ist ein Bojenhopping, immer schön zwischen
rot und grün bleiben, immer weiter, bis die Sonne aufgeht und sich der Kanal
verbreitert. Die warme Morgensonne im Gesicht, fahren wir gemütlich Richtung
Marina Brest. Fischer queren und zücken ihre Smartphones um Fotos von Hollander
zu machen. Es ist ja schließlich ihre Herkunft, da Daniel Bombigher (der Designer) einerseits Franzose war und sie andererseits an der Seine nahe Paris gebaut wurde. Leuchttürme strahlen in der Sonne und wir erreichen die Marina.
French Breakfast! Schokocroissants und Baguette, einfach lecker!
Die Leuchttürme vor Brest strahlen im schönsten Morgenlicht |
Die wunderschöne Pen Duick - genau jenes Schiff auf dem Eric Tabarly segeln lernte!!! |
Brest ist ganz nett, wir schlendern durch die Einkaufsstraßen, füllen unsere Bordvorräte mit frischem Obst und Gemüse auf und checken regelmäßig das Wetter. Bald ist es soweit. Sehr bald.
Es dämmert schon abendlich und wir entscheiden, die
auslaufenden Winde des Tiefs für uns zu nutzen und den Absprung in die Biskaya
zu wagen. Noch schnell den Tank randvoll machen, alles verstauen und los kann
es gehen. Der lang ersehnte Tag des großen Abenteuers „Biskaya“ ist da!
Wir segeln bei Leichtwind hinaus, immer weiter, bis die
Lichter von Frankreich hinter uns verschwinden. Der Sturm der letzten Tage hat
die See aufgebracht und es ist noch reichlich Restschwell vorhanden, der uns
mit Hollander hin und her schaukelt. Die ganze Nacht und den halben nächsten
Tag heißt es also für uns alles festhalten, da es sonst Flügel bekommt und mit
dem Rollen des Schiffes durch die Gegend fliegen würde. Wir sind aufgeregt, die
Biskaya, eines der anspruchsvollsten Segelreviere erwartet uns. Zu zweit, mit
dem 17 Meter langen Gaffelschoner. Aber sie meint es gut mit uns, hält sich
zurück, bläst nicht. Ganz im Gegenteil, wir müssen Motorsegeln, da der Wind nun
fast eingeschlafen ist.
Die Segel runter, die Segel rauf, der Wind dreht, schläft
ein, kommt und geht wieder. Die Nadel des Tiefenmesser steht am Limit „über 200
Meter“ an. Ein Blick in die Seekarte verrät uns, dass wir nun über 4800 Meter
Tiefe unter uns haben. Fühlt sich aufregend an!! 4800 Meter!! Plötzlich fühlen
wir uns wieder klein. Unter uns kann grad so viel sein – ist es bestimmt auch!
Wie gerne würde ich jetzt einfach mal unter Wasser schauen, in diese unendliche
Tiefe! Wer sich da wohl aller gerade herum treibt? Ob Arielle und Sebastian
gerade unter uns in ihrer Welt fröhlich tanzen oder eine Walfamilie dahin
schwimmt??
Als ich unter Deck gehe, sehe ich Delfine an unserer
Backbordseite mitschwimmen. Ich hole Olaf an Deck, denn auch wenn wir schon so
oft diese freundlichen Begleiter gesehen haben, ist es jedes Mal aufs Neue ein
tolles Gefühl und bringt unsere Augen zum Leuchten.
Die zweite Nacht verläuft ganz ruhig, durchzogen mit Wolken,
der Mond hoch und hell.
Es ist sehr wenig Verkehr, alle paar Stunden sehen wir einen
Tanker oder ein Containerschiff in der Ferne am Horizont. Schon spannend, dass
obwohl die Biskaya ja genügend Platz für uns alle hätte, es trotzdem immer
wieder zu eng wird und wir unseren Kurs leicht abändern müssen, um eine Kollision
zu verhindern. Ohne Radar heißt das für uns längstens alle fünf Minuten eine
Horizont-Runde an Deck schauen…
Beeindruckend welche Größenordnungen Frachtschiffe annehmen. |
Derr nächste Tag ist sonnig und warm, endlich für ein paar
Stunden aus dem Ölzeug raus, wir genießen eine Dusche unter Deck bei Flaute,
kochen, essen, lesen. Es gibt immer etwas am Schiff zu basteln oder zu polieren. Die Zeit fliegt dahin, es ist so wunderschön hier, weit und breit
nichts außer Wasser. Eine innere Ruhe stellt sich ein und wir fühlen uns innig
mit der Welt und dem Meer verbunden. Alles hat plötzlich eine andere Bedeutung.
Unsere Prioritäten verschieben sich, für diese kurze Zeit da draußen zumindest,
was daheim so wichtig erschien ist jetzt ganz nebensächlich und klein…
Delfine! Was für eine Freude! Wooow!! Noch mehr Delfine!
Sooo viele! Über zwanzig und sie schwimmen mit der Bugwelle mit uns mit, drehen
sich im Wasser, springen neben dem Schiff immer wieder mal hoch und es wirkt
als würden sie schauen, ob wir ihnen auch dabei zusehen. Wunderschön,
faszinierend und fabelhaft. Kaum zu toppen, oder?
Wale! Wahnsinn! Wale!! Wir erkennen die Rückenflosse von zwei Walen in etwa 50 Meter Entfernung. Ganz ruhig liegen sie an der Wasseroberfläche und wir beobachten sie mit dem Fernglas, holen sie noch näher an uns damit heran. Nebenher noch immer unzählige Delfine.
In der Nacht regnet es, unter Deck hört es sich an, als
würde immer wieder etwas sanft den Bug von außen berühren. Im schwarzen Wasser
sehen wir nichts, aber die Tiefenanzeige springt plötzlich von sehr tief auf
nur noch 2 Meter! Was war das bloß?! Tief genug ist es hier sicher, mitten in
der Biskaya gibt es keine Inseln… Anscheinend haben wir einen großen stillen
Begleiter, oder vielleicht einen ganzen Schwarm kleinerer? Wir werden die ganze
Nacht bis zum Morgengrauen immer wieder mal besucht, der Tiefenanzeiger springt
immer wieder für ein paar Minuten auf 1-2 Meter. Wie gerne würde ich meinen
Kopf kurz unters Wasser strecken und Hallo sagen!
Langsam blinzen in der Ferne die Leuchttürme von Spaniens
Küste! Wir haben es bald geschafft!!
Land in Sicht! Als die Sonne aufgeht lacht uns schon Spanien
entgegen. Zumindest würde es so in meinem Kopfkino ablaufen. Denn hier ist es
neblig und wir stecken in einer Suppe mit Sicht auf maximal zwei Seemeilen. Wir
checken unser AIS regelmäßig, da hier schon mehr Verkehr ist und wir den
Containerschiffen mit ihren 12 Knoten Speed rechtzeitig ausweichen müssen.
Ein riesiger Dreimaster erscheint gespenstisch aus dem Nebel
und fährt neben uns vorbei, Gestalten an Deck winken freundlich und wir
schmunzeln uns gegenseitig an, die Szene hätte – bis auf das Winken - aus dem
Film „Fluch der Karibik“ sein können...
Paella muss sein ;-) |
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