Auf Hannibals Spuren



Wir dachten, dass wir diese Nacht nicht viel zu Schlaf kommen würden, da die Partymusik laut aus den Lokalen dröhnte und der Flughafen quasi vor unserem Steg war, doch die sanften Wellenbewegungen an Bord der Hollander und das gleichmäßige Plätschern des an den Rumpf spritzenden Wassers hat uns bald fest in den Schlaf geholt und so konnten wir am nächsten Morgen fit und frisch unsere Weiterfahrt um den berühmten „Rock of Gibraltar“ antreten. Erst in eine dicke Wolkenschicht gehüllt, präsentierte er sich dann doch kurz frei und sonnig mit seinem Leuchtturm und der Moschee. Nur wenige Meilen entfernt befindet sich Afrika. Am Funk hören wir immer wieder PanPan Rufe der Küstenwache, dass man gut Ausschau halten solle, da sich ein kleines Motorboot mit über 24 Menschen an Bord – wahrscheinlich Flüchtlinge – in der Gegend befinde. Wir sahen außer anderen Seglern und Delfinen nichts dergleichen.

Nach einem langen Tag kommen wir im Abendlicht in Marbella Yachtharbour an, doch der Hafenmeister winkt uns weiter, er ruft uns mit spanischem Temperament zu, dass wir zwar ein wunderschönes Schiff hätten, er aber aufgrund der Versandung in seiner Marina keinen Platz anbieten kann. Wir sollten nach Porto Spanus weiter, der Hafen wäre größer und nur wenige Meilen entfernt. Die Sonne geht unter, Nebelschwaden ziehen auf. Eine Stunde später kommen wir im anderen Hafen an und machen am Rezeptionssteg fest. Wir checken ein und reißen erstaunt die Augen auf, als uns der Preis für eine Nacht gesagt wird. Wir sind im teuersten Hafen Spaniens angekommen, wurde uns erklärt, hier gäbe es Gucci und Dolce und Gabbana Geschäfte und Reich und Schön verbringt hier seine Wochenenden in ihren teuren Luxus-Motoryachten. Aha. Dafür das Siebenfache an Hafengebühr zahlen? Nochmal ablegen? Der nächste Hafen mit Kapazitäten für unsere Schiffsgröße befindet sich eine halbe Nachtfahrt entfernt und der Nebel nimmt uns die Sicht. Also bleiben und gut verhandeln. Wir schaffen es, den Preis auf das Doppelte des anderen Hafen zu drücken, müssen aber im Morgengrauen schon wieder los. Das ist okay, immerhin wollen wir eh weiter kommen und die Luxusstores interessieren uns ohnehin wenig.
Der "Zuckerstangen Leuchtturm" von Marbella - leider konnten wir hier nicht bleiben

Regen wäscht die Luft wieder rein als wir in Benalmadena, einer sehr netten Marina nahe Málaga ankommen. Spanien mit seinen Palmen, freundlichen Menschen und einladenden Promenaden ist wunderschön und so spazieren wir noch spät abends zum Supermarkt, der hier 18 Stunden täglich geöffnet ist.
Autsch! Da hat es einen Segler erwischt! Direkt neben der Hafeneinfahrt von Almerimar steht ein Ostquadrant, danach die grünen Tonnen für den Einfahrtskanal. Beim kurzen Spaziergang zu den Sanitären Einrichtungen der Marina sah ich zwei Segler verzweifelt ihre Segel bergen, sie waren auf die Untiefe vor der Marina aufgelaufen. Sowas tut immer auch Fremdweh… die Träume, das Geld, die Verbundenheit mit seiner Yacht, alles scheint in so einem Fall für den Betroffenen zusammen zu brechen. Ein Speedboot der Marina war schnell zur Stelle und kurz darauf konnte die Segelyacht ohne weitere Hilfe in die Marina fahren. War wohl „nur“ eine Sandbank. Der Schreck stand den beiden jedoch noch im Hafen ins Gesicht geschrieben. Wir holen unsere Passarella ein, hier haben wir nämlich zum ersten Mal nicht längsseits geparkt, sondern mit Heck zur Mole. Ein spannendes Manöver mit einem Langkieler dieser Größe. Das wird jetzt wohl im Mittelmeer öfter an der Tagesordnung stehen, da die Marinas hier nicht für solch besondere Schiffe ausgelegt sind. Byebye Marina Benalmadena,
Wir legen mittags ab und segeln den ganzen Tag und die ganze Nacht weiter. Seit einigen Stunden begleitet uns Wetterleuchten achteraus und als dazu dann mächtige Blitze und grollender Donner kommen, beschließen wir, den nächsten Hafen anzusteuern. Es ist fünf Uhr Morgens und wir legen bei lautem Donnergrollen und Blitzen, die die Nacht erhellen an, gefolgt von einem Hagelschauer beim Leinen festmachen. Wir sind in Almerimar und gönnen uns drei Stunden Schlaf bevor wir tanken und weiter fahren.

Das Hinterland ist in eine Plastikhülle gepackt - hier wird Gemüse für Europa produziert
Wir setzen die Segel gleich nach der Ausfahrt des Hafens und segeln mit Motorunterstützung los. Die Wettervorhersage war gar nicht so schlecht, etwas durchzogen aber okay. Nur eine halbe Stunde nach dem Auslaufen ging es plötzlich Schalter aus, Sicht ade! Dicke Nebelschwaden gefolgt von Windböen mit bis zu 28 Knoten und Starkregen, der die Sicht zwar besser werden ließ, uns aber dennoch Sorgen bereitete. Was wir sahen, war nämlich eine riesige Windhose auf uns zukommen. Olaf und ich hatten schon die ein oder andere davon gesehen, beeindruckend in der Ferne, Olaf am Atlantik und ich in Kroatien bzw. damals bei der Überstellung der TP52 vor Brindisi in Italien. Doch diesmal war sie wirklich nahe. Riesig, bedrohlich, beeindruckend. Nahe. Das Wasser unter der Windhose wurde in Masthöhe aufgewirbelt, ich blickte kurz durch das Fernglas und Olaf und ich beschlossen sofort einen Kurswechsel. Weg vom wahrscheinlichen Verlauf der Windhose! Bloß nicht noch näher kommen! So schnell wie sie da war, war sie auch schon wieder weg. Einfach so. Puh, da haben wir nochmal Glück gehabt! Durch einen weiteren Schwall von Starkregen, bei dem wir dann die Segel bereits geborgen hatten, ging es weiter und bald meinte es die Sonne mit uns an der Costa del Sol wieder gut und lächelte freundlich vom Himmel.
Der Sommer ist bei uns an Bord in vollen Zügen angekommen, wir gönnen uns in der Mittagshitze eine erfrischende Dusche im Cockpit und holen das Eis aus dem kleinen Gefrierfach der Hollander. So ist es doch fein, die felsige Küste entlang, immer wieder besucht uns eine Möwe und fliegt ein Stück mit uns. Der Wind nimmt ums Kap de Gata deutlich zu und wir segeln mit Vorwindkurs auf direktem Weg nach Cartagena.

Wir sind an der Costa Blanca angekommen :-)
Die Nacht beginnt mit sternenklarer Sicht, wunderbar segelt sich Hollander stabil trotz der immer höher werdenden Welle. Jaja, die Welle – ein Thema, das auch nach dem Atlantik immer präsent ist. Denn die Atlantikwelle war langgezogen, hoch aber durchaus freundlich zu uns. Die Mittelmeerwelle präsentiert sich in ruppigen Nächten wie heute jedoch kurz, steil, hoch und heftig. In Baumlagerhöhe rauschen die Wellen durch, Hollander surft sie stabil ab und gewinnt dadurch erheblich an Geschwindigkeit. Wir passieren riesige Frachter vor der Einfahrt von Cartagena und kommen im gut geschützten Hafen an. Als wir festmachen blinzelt die Morgensonne auf die Bucht und wir sehen, dass die Wellen kleine Oktopusse an Deck geschwemmt haben. Manchmal auch gut, dass man nicht alles in der finsteren Nacht sieht ;)

Unser nächtlicher Besuch blieb bis zum Frühstück :-)

Nun heißt es für uns Cartagena erkunden - den Geburtsort des berühmten Feldherren Hannibal, Geschichte wohin man blickt, das Amphitheater, die Kirchen und Paläste… Und Spanien’s leckere Tapas! Hier ist es schön!!

Traumhafter Blick über Cartagena

Und morgen freuen wir uns auf Besuch und segeln zu viert weiter – welche Freude! Ibiza, wir kommen!!

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